Bildtext einblenden
Das fertige Archiv der Salzburger Festspiele vor der Eröffnung. (Foto: Neumayr/Christian Leopold) Foto: www.neumayr.cc
Bildtext einblenden
Archivleiterin Margarethe Lasinger und Intendant Markus Hinterhäuser vor der Villa an der Neutorstraße in Salzburg, in der das Festspielarchiv eine neue Heimat gefunden hat. (Foto: Neumayr/Leopold) Foto: www.neumayr.cc

Das Fahrrad der Buhlschaft und Netrebkos Kleid

Weit hat man nicht reisen müssen, aber mit unglaublich viel Material. Das Archiv der Salzburger Festspiele ist aus dem Schüttkasten am Karajanplatz an die Adresse Neutorstraße 25 übersiedelt.


Das neue Domizil befindet sich in einer hübschen Biedermeier-Villa in der Riedenburg. Ein paar hundert Meter weiter nur, aber immerhin mit mehr als 1500 Kisten. »Fotos, Glasplatten, Skizzen, Entwürfe, Pläne, Bücher, Aufführungsmaterialien, Dokumente, Presseberichte, Protokolle und vieles mehr«, erklärt Archivleiterin Margarethe Lasinger. Das neue Festspielarchiv hält nun auch einen attraktiven Ausstellungsraum bereit, den man künftig an zwei Wochentagen (Dienstag und Donnerstag, jeweils 10 bis 16 Uhr) besuchen kann.

Im Parterre der Villa ist viel zu sehen. Dokumente, Fotos und Plakate natürlich, aber das allein wäre wohl zu wenig attraktiv für den »Normalverbraucher«, also hat man auch Dinge aus dem Kostüm- und Requisitenfundus geholt. Da kann man etwa das älteste erhaltene Kostüm überhaupt betrachten: 1948 trug es Attila Hörbiger als Jedermann. Davor steht jenes mit Blumen verzierte Fahrrad, mit dem Brigitte Hobmeier 2013 bis 2015 als Buhlschaft dem Jedermann Cornelius Obonya entgegen fuhr.

Grundsätzlich ist die Ausstellung chronologisch gegliedert, aber es finden sich auch nette Zeitsprünge. Da ist beispielsweise jene edle schwarzglitzernde Robe, die Edita Gruberova vor gut vierzig Jahren als Königin der Nacht in der Ponnelle-Inszenierung der Zauberflöte trug, und davor eine Schwimmweste, Ausstattungsstück der Griechischen Passion bei den vorigjährigen Festspielen. Ach ja, das zierliche rote Kleid! Da hat Anna Netrebko mal als Violetta Valéry (La Traviata) hineingepasst. Der Totenkopf? Der stammt aus einer Produktion von Leoš Janáceks Oper »Aus einem Totenhaus«. Und weil man's ja doch so oft braucht, gleich noch eine Flasche Universal Effektblut. So etwas steht nicht in Supermarkt-Regalen, nicht mal vor Halloween.

Unter den Vitrinen sind Schubladen, aber die sind gut versperrt. Margarethe Lasinger zieht weiße Handschuhe an, wenn sie da hineingreift und Pretiosen heraus holt. Etwa die Gründungsurkunde des nie gebauten Festspielhauses im Schlosspark von Hellbrunn. Vom Salzburger Erzbischof abwärts haben sie viele damals wichtige Menschen unterzeichnet. Oder die Salzburger Dramaturgie des Regisseurs Oscar Fritz Schuh von 1969. Es wurde ja immer schon heftig darüber nachgedacht, wie ideale Salzburger Festspiele aussehen sollten. Und wieder greift Margarethe Lasinger nach einer Mappe und wickelt sorgfältig von Seidenpapier umhüllter Zeichnungen aus: Fritz Wotrubas Entwürfe für König Ödipus.

Die kostbarsten Archivalien sind freilich in einem Tresor, und der blieb auch bei der Presse-Vorbesichtigung versperrt. Dort lagern beispielsweise Briefe von Thomas Bernhard und Regiebücher von Max Reinhardt. Die Villa hat einen lichtdurchfluteten Wintergarten. Dort steht ein langer Tisch, an dem einmal Jedermanns Tischgesellschaft saß. Eine kleine Handbibliothek ist im Wintergarten eingerichtet. Man kann also gut und ausgiebig eintauchen in die Festspielgeschichte.

Die Ausstellung im Festspielarchiv an der Neutorstraße 25 kann man ab 15. Februar jeweils Dienstag und Donnerstag von 10 bis 16 Uhr ohne Voranmeldung besuchen.

Reinhard Kriechbaum